Vorletzten Freitag veröffentlichten Cloth ihr selbstbetiteltes Debüt-Album beim Independent Record Label “Last Night from Glasgow”. Wir flogen kurzerhand zur Record Release Show im Centre for Contemporary Arts Glasgow und stellten fest, dass wir nicht die einzigen waren, die extra für das Konzert angereist sind und wir auch nicht die einzigen aus Deutschland waren.
Die Anfänge
Das Glasgower Trio Cloth hatten wir dieses Jahr beim The Great Escape Festival zufällig entdeckt. Wir warteten in der One Church auf Donna Missal und sahen einen ihrer Flyer auf der Bank liegen. Das Bild sah vielversprechend aus und ein Konzert von Cloth stand noch an und glücklicherweise hatten wir parallel noch nichts anderes auf unserer Liste. Wir gingen also ohne große Erwartungen ins Queens Hotel und waren sofort hin und weg von den Geschwistern Rachael und Paul und der Schlagzeugerin Clara.
Als sie dann ein paar Monate später ihr Release-Konzert ankündigten war uns klar, dass es Zeit für einen Kurztrip nach Glasgow ist. Hier waren wir also. Glasgow. Tagsüber erkundeten wir noch die Stadt und waren überrascht – verwundert gar – wie viele Frauen bei 4 Grad Außentemperatur in Röcken und Kleidchen und Männer in kurzen Shorts umherliefen (während wir mit unseren drei Schichten froren).
Die Ruhe vor dem Sturm
Ca. 19:40 erreichten wir das Centre of Contemporary Arts und mussten erstmal den richtigen Raum suchen. Nur Eingeweihte schienen den Geheimgang an den Toiletten vorbei zu kennen. Die erste Überraschung gab es dann am Eingang: ein Ticket wollte niemand sehen, scheinbar hatten sie nur eine Liste mit Namen. Und statt eines Stempels gab es eine Zeichnung auf den Handrücken. Jeder durfte sich ein individuelles Motiv wünschen. Uns fiel auf die Schnelle nichts besseres ein, als „irgendwas das für Glasgow steht“ zu sagen. Was wir bekommen haben? Hm, wir wissen es ehrlich gesagt nicht so genau… der Künstler hat es zwar kommentiert, aber der schottische Akzent war einfach zu stark, sodass wir kaum etwas verstanden haben. Ausgesehen hat es jedenfalls wie ein Einäugiger mit langem Hals und Party-Hütchen.
Was wir als nächstes feststellten, war, dass extensive Konzertgänger sich auf der ganzen Welt blind zu erkennen scheinen. So wurden wir beim Warten auf die erste Vorband doch von jemanden aus der Nähe von Manchester angesprochen, der pro Jahr ebenfalls auf ca. 150 Konzerte geht und für Konzerte ebenfalls um die Welt reist. Aber im Gegensatz zu unserer neuen Bekanntschaft, hatten wir von den Vorbands noch nichts gehört und ließen uns wie so oft einfach überraschen.
Lemon Drink
Pünktlich um 20:00 Uhr eröffneten dann Lemon Drink den Abend. Das erste was uns auffiel, war eine verblüffende Ähnlichkeit zu Runah. Nicht musikalisch, aber Sängerin Sophie sah im dunklen Licht ähnlich aus, hatte ein Mond-Tattoo und sang über Dämonen (beides Themen die auch Runah in ihren Songs behandelt). Die vierköpfige Band aus Glasgow überzeugte mit rockigem Indie-Pop (oder war es doch eher poppiger Indie-Rock?). Auch wenn Lemon Drink noch recht neu sind, haben sie eine selbstbewusste Performance abgeliefert und dass sie Spaß auf der Bühne haben, hat man ihnen auch angemerkt.

Chorusgirl
Anschließend folgte Chorusgirl aus London und musikalisch wurde es noch ein bisschen punkiger und rockiger. Wenn man die Musik von Cloth kennt, hätte man diese Kombination ehrlich gesagt erst einmal nicht erwartet. Aber wir müssen gestehen, es funktionierte erstaunlich gut. Die vierköpfige Band hatte einen Bass, ein Schlagzeug und zwei Gitarren im Gepäck. Zu den lauten Gitarren gesellten sich ehrliche und persönliche Texte u.a. übers Aufgeben und der damit einhergehenden Wut. Und zu unserer Überraschung erfuhren wir auch, dass Sängerin Silvi in einem Dorf in Deutschland aufgewachsen war. Wie klein die Welt doch sein kann.

Cloth
Der Raum war mittlerweile proppenvoll als Cloth endlich die Bühne betraten und das Publikum applaudierte in Vorfreude. Beim The Great Escape hatten wir damals nur wenige Songs gehört und bis zum Album-Release waren nur wenige Singles verfügbar. Wir waren daher besonders gespannt. Aber mit dem ersten Ton hatten sie uns direkt wieder verzaubert. Ihre unbeschwerte Musik ist so wunderschön minimalistisch und lädt zum Träumen ein. Jedes Instrument wird gezielt eingesetzt und man hat das Gefühl, alle Komponenten der Songs erfassen zu können. Und wem Rachaels zurückhaltende und fast zerbrechliche Stimme nicht berührt, dem kann nicht mehr geholfen werden. Leider hatte sich das Konzert dann viel zu schnell dem Ende genähert.

Aber natürlich forderte das Publikum noch eine Zugabe, die wir dann auch bekamen. Nach dem Konzert sah man die drei überraschenderweise nicht am Merchstand. Stattdessen packten sie vorbildlich auf der Bühne alles zusammen. Wir konnten es uns nicht nehmen, das Album als limitierte weiße Schallplatte zu kaufen, uns Autogramme zu holen und kurz mit ihnen zu sprechen. Und was sollen wir sagen? Die drei sind nicht nur unglaublich talentiert, sondern auch sehr herzliche & bescheidene Menschen.
Das Publikum war erstaunlich ruhig. Alles andere wär bei der Musik zwar auch unangebracht gewesen, aber aus UK sind wir eigentlich anderes gewöhnt. Auch Chorusgirl betätigte uns im Anschluss, dass es ungewöhnlich ist, dass solche „deutschen Verhältnisse“ herrschten. Dies zeigte aber nur, dass Cloth es irgendwie geschafft haben, genau das richtige Publikum für ihre Musik zu finden.
Wir sind gespannt, was 2020 für Cloth bereithält und hoffen auf ein baldiges Wiedersehen! Bis dahin können wir nun glücklicherweise auf ihr Album zurückgreifen…
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Titel-Foto: © Erin Catherine MacKenzie