Heute erschien das mittlerweile siebte Album des britischen Singer-Songwriters Tom Odell. Von dem Abdriften in verschiedenste Süchte bis zur Hoffnung, dass alles besser wird, behandelt es die Ambivalenz vieler Gefühle. Das Album ist durchdrungen von Toms Persönlichkeit und meisterhaftem Songwriting. In unserem Format Durchgehört gehe ich die komplette Platte durch und gebe euch einen kurzen Einblick in die insgesamt zehn Tracks. Es ist eine persönliche Review, in der ich den Fokus vor allem auf die Aussagen und Songtexte lege. Und so viel sei vorab gesagt: Ich musste mir mehr als einmal eine Träne verdrücken, weil mich das Album sehr bewegt und zum Nachdenken angeregt hat.
P.S.: Wer das Album live erleben möchte, hat im November bei sechs Shows in Deutschland Gelegenheit dazu. Zu den Tickets geht es hier.
Don’t Let Me Go
Eingeleitet wird das Album mit „Don’t Let Me Go“, einem Song über die Ambivalenz der Liebe. Der Track ist leichtfüßig im ¾-Walzer-Takt gestaltet und baut sich bis zum Ende hin auf. Er greift die Schnelligkeit und Intensität der Gefühle auf, wenn man sich Hals über Kopf verliebt – so sehr, dass es weh tut. Ein starker Auftakt in ein Album, das von emotionaler Tiefe und der Offenheit geprägt ist, auch die düstersten Gedanken auszusprechen und zu fühlen.
Don’t Cry, Put Your Head On My Shoulder
Der zweite Track dreht sich darum, für Freund*innen da zu sein, wenn sie durch eine schwere Zeit gehen – auch wenn man selbst nichts tun kann, außer mitzufühlen und präsent zu sein.
Toms markante Stimme, kombiniert mit Gitarren, einem leichten Drumbeat und sanften Streichern, macht den Song zu einem echten Comfort-Track, der einem das Gefühl gibt, verstanden zu werden.
Prayer
„Prayer“ fängt den Vibe eines Gute-Nacht-Liedes ein und entfaltet eine beruhigende Wirkung. Im Vordergrund stehen Gitarrenakkorde und Toms sanfte Stimme. Er erzählt von seiner Kindheit, in der es hieß, wie schön das Leben später sein würde – dass es aber auch harte Zeiten geben wird. Streicher im Hintergrund machen den Track bittersüß und lassen einen förmlich schweben, passend zur Zeile „I don’t need to worry anymore“.
Die Lyrics betonen die Wichtigkeit eines stabilen sozialen Umfelds als gesunde Droge, scheuen aber auch nicht davor zurück, reale Drogen als Betäubungsmittel zu nennen. Es ist ein roher, ehrlicher innerer Monolog, der zum Innehalten einlädt.
Can We Just Go Home Now
In Track vier beschreibt der Sänger unverblümt, wie es sich anfühlt, rund um die Uhr leisten zu müssen. Die Stimme muss immer funktionieren, Ruhe gibt es kaum. Diese Rastlosigkeit und innere Zerrissenheit vertont er mit kräftigen Vocals und treibendem Schlagzeug. Am Ende bleibt die Frage offen, ob man überhaupt zur Ruhe kommen möchte – aus Angst, von den eigenen Dämonen eingeholt zu werden. Der Song endet abrupt und wird direkt in den nächsten Track übergeleitet.

Why Do I Always Want The Things That I Can’t Have
Mit „Why Do I Always Want The Things That I Can’t Have“ stellt sich Tom eine der großen Fragen: Warum sind wir nie zufrieden? Im Laufe des Songs wird deutlich, dass wir eigentlich am Rande des Paradieses stehen und es in unserer Hand liegt, uns das Leben schön zu machen – doch stattdessen verharren wir in Routinen. Dennoch macht der Song Hoffnung, dass es nicht immer so bleiben muss. Das Paradies liegt nah, und vielleicht lachen wir bald über Probleme, die uns einmal unüberwindbar erschienen.
Wonderful Life
Der sechste Titel ist der namensgebende Track des Albums und betont die Schönheit des Lebens, auch wenn vieles schiefgeht. Der Song wird zu einem Mantra, das verschiedenste Erfahrungen zusammenführt, um am Ende immer wieder zum selben Schluss zu kommen: What a wonderful life.
Minimalistisch gestaltet, legt er den Fokus ganz auf diese Botschaft und Toms unverwechselbare Stimme.
Ugly
„Ugly“ zählt zu den persönlichsten Songs: Tom spricht offen über seine Unsicherheiten und verwandelt sie in eine eindringliche Ballade. Warme Gitarrenakkorde, zarte Klaviertöne und seine Stimme fangen den Moment des Selbsthinterfragens ein.
Im Verlauf steigert sich der Song – die Stimme wird kräftiger, das Schlagzeug treibender – und macht deutlich: Selbstzweifel fressen uns auf und sind alles andere als schön. Zugleich aber sind sie menschlich und können überwunden werden.
Strange House
„Strange House“ ist der intimste Song der Platte. Er fühlt sich an, als säße man direkt neben Tom, während er Klavier spielt und über sein Leben philosophiert. So zieht der Song einen komplett in seinen Bann, und man hängt an jedem Wort. Der Text erzählt von dem Gefühl, es nicht verdient zu haben, glücklich zu sein – weil man selbst zu schlecht ist und die Welt voller Leid und Hass.
Doch am Ende bleibt ein Schimmer Hoffnung: Wir alle teilen ähnliche Träume, und das hat Bedeutung. So minimalistisch der Song gehalten ist, so stark ist er im Songwriting und in seiner Atmosphäre, die Trost spendet und Ruhe schenkt.
Can Old Lovers Ever Just Be Friends?
Im neunten Track stellt sich Tom die Frage, ob ehemals Verliebte jemals gute Freunde sein können. Er beschreibt eine Bar-Szene, in der sich ein Ex-Paar gegenübersitzt – vieles hat sich verändert, und doch bleiben die Gefühle dieselben. Das Ambiente einer irischen Bar entsteht durch Streicher-Elemente und einen Rhythmus, der zum Mitwippen und Mitsingen einlädt.
The End of Suffering
Genauso stark, wie das Album beginnt, schließt es auch ab. „The End of Suffering“ vertont das Ende des Leids, wenn eine schwere Phase überstanden ist und alles Stück für Stück besser wird. Als Metapher zieht sich das Öffnen einer Tür durch den Song: den Raum betreten, ihn zu seinem Zuhause machen und die Welt mit neuen Augen sehen.
Am Schluss bleibt der Satz, endlich wieder das Strahlen der Sonne zu sehen und zu fühlen. Das Album endet mit einem einminütigen Instrumental voller Emotionen und dem Versprechen: Nach jedem Tief kommt auch wieder ein Hoch.
Fazit
Ich bin unfassbar begeistert von Toms neuem Album. Er zeigt einmal mehr sein enormes Talent – nicht nur als Sänger, sondern auch als Songwriter mit Tiefgang und als Erschaffer einer Atmosphäre, in der man sich verstanden fühlt. A Wonderful Life ist ein Album voller Emotionen und meisterhaftem Songwriting. Es spricht schwere Themen an, macht gleichzeitig Mut – und bleibt lange im Herzen.
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Titel- und Beitragsbilder: Darren Gwynn