Review // Herzberg Festival 2024

Review // Herzberg Festival 2024
Kula Shaker - Foto: Corinna Dietrich

Das viertägige Herzberg Festival unweit von Fulda bot auch in diesem Jahr wieder ein buntes Programm für Musikliebhaber und Musikentdecker. Hippeace United lautete das diesjährige Festivalmotto. Nicht nur Anhänger psychedelischer Musik schwebten auf Wolke sieben, auch Indie-Fans wie ich kamen auf ihre Kosten. Am Donnerstag und Freitag spielten beispielweise die Bands Bonaparte, Calexico, Loki und die Sängerin Catt, die ich berufsbedingt leider verpasste, aber zuvor bereits allesamt live gesehen habe. Ich war Sonntag vor Ort am Herzberg Festival 2024 und habe wieder einmal viel Außergewöhnliches erlebt. Das Festivalgelände war wegen des Regens der Vortage ein reines Schlammfeld, was einige Kinder für ausgiebige Schlammschlachten nutzen. Da ich weder Gummistiefel noch Wanderschuhe dabeihatte, watete und tanzte ich wie viele andere ganztägig barfuß, was sich als sehr wohltuend erwies.

Verpflegung

Kulinarisch war von Pizza über Burger und Asiafood am Herzberg Festival 2024 alles vertreten, aber es gab auch exquisitere Speisen wie Hanftaschen, Couscous mit Datteln und Mandeln oder Nudeln mit Sprossen und Keimlingen sowie Guarana Balls und Ice Bananas. Seit diesem Jahr hat das Festival auch den Super-Duper-Markt mit Bioprodukten.

Workshops, Nachhaltigkeit und Besonderes

Auch neben den Auftritten auf den fünf Hauptbühnen sowie diversen Nebenbühnen war so einiges los am größten und ältesten Freiluft-Hippiefestival Europas. Wie in den Vorjahren gab es neben den vielfältigen Spiel- und Bastelangeboten im Kinderland auch wieder ein Zelt mit Workshops für Groß- und Klein. Es wurden beispielsweise Linoldruck, ein Lötworkshop mit LEDs, ein Aikido Kurs, der Bau von Flowersticks zum Jonglieren, Poesieworkshops und vieles mehr angeboten. Außerdem konnte man hier an Singkreisen, Yogasessions und Kakaozeremonien teilnehmen oder sich massieren lassen. Nicht zu vergessen sind die vielzähligen Sharing-Angebote am Festival, wie zum Beispiel das Foodsharingzelt, der Umsonstladen und die Wände zum Ideenaustausch (mit Kategorien wie Gesuche, Gebote, Festivalvisionen, Witze, Musik etc.).

Bevor ich mich ins Getümmel begab, habe ich mich zunächst auf eine Reise im Zelt „Erfahrungsfeld der Sinne“ eingelassen. Zunächst lief ich an die Hand genommen und mit geschlossenen Augen über verschiedene Untergründe wie Waldboden, Sand usw. Als nächstes wurden mir wieder blind verschiedene Geruchsproben (Kümmel, Piment, Majoran etc.) präsentiert und ich sollte erraten, was sich im Glas befindet. Anschließend habe ich Materialien in Fühlboxen ertastet. Zusätzlich hätte es noch die Möglichkeit gegeben, Klänge zu erforschen.

Meine persönlichen Musikhighlights am Sonntag waren die Auftritte von Kula Shaker, Daniel Avens und Thier.

Daniel Avens

Der Singersongwriter Daniel Avens hat die Mainstage am Festivalsonntag eröffnet. Neben seiner Gitarre hatte Avens seine Band The Cascading Waters (mit den Instrumenten Schlagzeug, Klarinette oder Saxofon bzw. Cello, Klavier und Bass) im Gepäck. Avens gefühlsbetonte Musik ist unverkennbar von der amerikanischen Folktradition beeinflusst, wobei seine kraftvolle Stimme mich immer wieder an jene des verstorbenen Sängers Scott Weiland der Stone Temple Pilots erinnerte.

Besonders empfehlenswert sind die Songs Holding On (auf der Demoaufnahme ist Vogelgezwitscher zu hören, weshalb Avens in die Menge fragte, ob man dieses Geräusch imitieren könne) und Home (Avens merkt an, dass das Herzberg Festival für viele ein Zuhause zu sein scheint und dass solche Orte, die Menschen verbinden, mehr denn je von Nöten sind).

Kula Shaker

Dank eines abwechslungsreichen Programms aus spirituell-psychedelischen Songs und Rocknummern hat die vierköpfige Band Kula Shaker das Publikum mit Gitarre, Bass, Schlagzeug und Keyboard bzw. Orgel in Tanzlaune versetzt. Kula Shaker spielte in ihrer Urbesetzung mit Jay Darlington an den Tasten, der zwischenzeitig von Harry Broadbent ersetzt wurde.

Der Auftritt der Britpop-Band begann mit dem rockigen Hit Hey Dude vom Debütalbum K aus dem Jahre 1996 und auch die sphärisch-mystisch, teils bzw. komplett auf indisch (Sanskrit) gesungenen Singleauskopplungen Tattva und Govinda gaben sie im Laufe der Show zum Besten. Vom aktuellen Album Natural Magick sind mir vor allem die Tracks Gaslighting und Idontwannapaymytaxes im Ohr geblieben. Den zweiten Songtitel hat Sänger Crispian Mills laut eigener Aussage seinem zehnjährigen Sohn gestohlen.

Ein magischer Moment des Konzertes war der motorisierte Paraglider, welcher während des Songs F-Bombs das Festivalgelände umkreiste und ein Banner mit dem Schriftzug Imagine Peace (Zitat von Yoko Ono) präsentierte. Sänger Crispian Mills, der eine indische Kurta sowie eine traditionelle Goldkette trug, bezog das verzauberte Publikum der Mainstage mehrfach gesanglich mit ein, im Refrain von Govinda, der ersten Zugabe beispielweise als Echo. Auch die Cover Hush von Deep Purple (Song vor der Zugabe) und Groove Is In The Heart von Deee-Lite (zweite Zugabe) wurden von den Zuschauern ausgelassen gefeiert.

Thier

Thier aus Tübingen haben die Mental Stage zum Beben gebracht und mit ihren Instrumanimal Kraut Hop dem Publikum ekstatisch-exzessive Tanzbewegungen entlockt. Ihr treibender, energetischer, wilder, teils schräger, aus Trompete, Bass, Schlagzeug und Gitarre generierte Sound klingt animalisch und überirdisch. Wer Lust auf dieses extravagante Klangerlebnis bekommen hat und nicht auf die nächste Tour der Band warten möchte, sollte unbedingt in die am 1. Juli erschienene selbstbetitelte Debüt-LP des Quartetts reinhören.

Nick Mason’s Saucerful of Secrets

Die 2018 von Pink Floyds Schlagzeuger Nick Mason ins Leben gerufene Band Nick Mason’s Saucerful of Secrets hat die Masse mit einer fulminanten Show als Headliner des Festivalsonntags überzeugt. Sänger des fünfköpfigen Projekts ist kein geringerer als Gery Kemp, der sich bereits als Gitarrist und Songwriter bei Spandau Ballet einen Namen machte.

Bei Set The Controls For The Heart Of The Sun spielte Mason den Gong, womit der Höhepunkt des Konzerts erreicht war. Unter den insgesamt 13 gespielten Pink Floyd Songs durften Remember A Day (zu Ehren des Geburtstags des verstorbenen Pink Floyd Keyboarders Richard Wrights) und Echoes nicht fehlen. Die Zugaben One Of These Days und A Saucerful Of Secrets zelebrieren die Zuschauer ebenfalls euphorisiert.

Magic Forest

Zu guter Letzt möchte ich euch noch die Band Magic Forest, die Donnerstag beim Höllenschuppen gespielt hat, empfehlen. Auch wenn ich sie nicht live sehen konnte, hat ihr Flyer mich neugierig gemacht. Falls ihr mal richtig vom Alltag abschalten möchtet, hört unbedingt in ihre wunderschönen, meditativen Klanglandschaften rein.

Wer noch mehr Eindrücke von diesem außergewöhnlichen Festival bekommen möchte, sollte meine Reviews zum Herzberg Festival von den letzten beiden Jahren lesen. Ich kann das Herzberg Festival 2025 kaum erwarten.

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Titelbild: Corinna Dietrich

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