Das zweite Album The Kids Are Alright des Dream-Pop Duos The Day hat das Licht der Welt erblickt. Laura Loeters (Gesang, Synthesizer) und Gregor Sonnenberg (Gitarre) lernten sich während ihres Studiums an der Musikakademie im niederländischen Arnhem kennen und veröffentlichten bereits 2015 ihre erste EP. Der melancholische und zugleich melodiöse Sound der beiden geht wortwörtlich unter die Haut, was ich auf einem ihrer Auftritte, bei dem sie am Bass und Schlagzeug unterstützt wurden, selbst erleben durfte. Lauras gefühlvolle, sanfte Stimme verzauberte die Menge, welche beim Konzertfinale ausgelassen tanzte. Im 5 Fragen an Interview konnte ich The Day spannende Antworten entlocken.
Was sind die signifikanten Unterschiede zwischen eurem Debütalbum Midnight Parade und dem neuen Album The Kids Are Alright?
Laura & Gregor: Unserem Gefühl nach ist das neue Album etwas düsterer und viel resoluter. Wir versuchen dennoch bewusst da anzuknüpfen, wo unser erstes Album aufhört. Wir empfehlen jedem, der es zeitlich einrichten kann, beide Alben direkt hintereinander zu hören. Dem „Dream Pop“ fühlen wir uns gar nicht so nah, weil wir uns klanglich in der Nähe von anderen Bands des Genres verorten würden, sondern weil die Musik für uns immer eine Fluchtmöglichkeit in eine eigene Welt war, die wir größtenteils der Realität vorziehen würden. Dorthin entfliehen wir nach wie vor in allen unseren Songs, aber auf dem neuen Album haben wir selbst das Gefühl, dass uns die Flucht in einen anderen Kosmos gar nicht so leichtfällt, jedenfalls nicht ohne auch auf Missstände unserer eigenen Realitäten hinzuweisen.
Eure Wohnorte Antwerpen und Hamburg sind über 4 Stunden voneinander entfernt. Inwiefern beeinflusst diese Distanz eure musikalische Zusammenarbeit?
Laura & Gregor: Logistisch ist die räumliche Entfernung gerade fürs Touren eine riesige Herausforderung. Für die Arbeit am Album haben wir in unseren Homestudios einfach einzeln Aufnahmen produziert und uns die Spuren hin und her geschickt, bis das Album immer weiter Form angenommen hat. Schließlich haben wir noch unseren Drummer Jens in Düsseldorf und unsere Bassistin Pauline in Arnhem aufgenommen. Die Distanz beeinflusst die Zusammenarbeit insofern, dass wir immer sehr viel Zeit allein mit dem Material haben und zunächst selbst an Ideen rumtüfteln können, bis wir sie der anderen Person präsentieren. Die Ideen sind dadurch vermutlich direkt etwas ausgereifter, weil jeder ganz ungestört für sich experimentieren kann, bis sich die Parts, die sich richtig anfühlen, langsam auskristallisieren. Wir können uns vorstellen, an dieser Arbeitsweise festzuhalten, selbst wenn wir irgendwann in derselben Stadt wohnen würden.
Die Veröffentlichung von Midnight Parade ist über fünf Jahre her. Wie habt ihr die Zeit zwischen den Alben genutzt?
Laura & Gregor: Die Pandemie war für uns ein großer Einschnitt, weil wir in zwei verschiedenen Ländern wohnen und uns zum ersten Mal seit unserer Bandgründung gar nicht sehen konnten, weil die Grenzen gesperrt waren. Wir haben dann erstmal angefangen Coverversionen von Songs aufzunehmen, die uns etwas bedeuten und bei denen wir das Gefühl hatten, wir könnten dem Original noch einen eigenen Stempel mitgeben. Das hat für uns dann auch viel fürs eigene Schreiben und Produzieren losgetreten und wir haben wir Tenderfoot, unser Cover von The Lemonheads mit auf das Album genommen, weil der Song ein Startschuss für die neue Platte war. Da wir alles allein komponieren, arrangieren, aufnehmen, produzieren und mischen, zieht sich der Prozess bei so vielen Details einfach in die Länge. Für uns ist etwas erst dann komplett fertig, wenn es sich für beide rund anfühlt. Wir haben also keine musikalische Pause gemacht und sofort mit dem neuen Album angefangen. Es hat einfach lange gedauert, bis wir mit dem Ergebnis rundum zufrieden waren.
Was sind die Inspirationsquellen für eure Lyrics?
Laura: Wir verarbeiten sehr viele persönliche Erlebnisse in unseren Texten. Viele haben mit persönlicher Weiterentwicklung zu tun, dem Fallen und Wiederaufstehen. Ängste und Tücken erkennen und daran zu wachsen. Große Einsamkeit zu fühlen, auch wenn man genug Leute um sich hat. Auch Nostalgie spielt ein Stück weit eine Rolle. Es geht um das Zurückschauen auf eine sorglose Jugend, um verloren gegangene Freundschaften und das Abkühlen von Liebe. Aber wahrscheinlich nehmen die Probleme der Welt, die uns alle unmittelbar betreffen, einen noch größeren Teil in unseren Texten ein. Das Klima, Kriege und die bedrohte Zukunft der jüngsten Generation. Dennoch versuchen wir mit den Texten einen Funken Hoffnung zu verbreiten, ein Gefühl von Zusammengehörigkeit und gerade auch das Nach-vorn-Blicken sowie das Kämpfen für bessere Zeiten. Durch die eher abstrakte bildliche Art der Texte lassen sie hoffentlich auch genug Raum für eigene Interpretationen. Das ist uns sehr wichtig. Zum Einstieg in unsere Musik empfehlen wir die Songs Empty und June vom neuen Album.
Wer sind eure musikalischen Vorbilder und was macht eure Musik dennoch einzigartig?
Gregor: Uns inspirieren vor allem Sigur Rós, Daughter, Life Without Buildings, Eefje de Visser, Haruki Murakami, Paul Auster, David Lynch, Wes Anderson, Maria Svarbova, aber wir könnten so viele mehr nennen.
Der andere Teil der Frage ist für uns selbst unmöglich zu beantworten, denn jeder Song und jede Idee muss sich irgendwie innovativ anfühlen, damit wir dranbleiben und daher ist die Wiedererkennbarkeit kein Faktor, über den wir nachdenken. Am besten wäre es daher, wenn die Hörer diese Fragen beantworten und uns ihre Antworten schicken. Wir sind total neugierig. Wenn du mich festnageln willst, ist Lauras Stimme aber natürlich per se einzigartig. Dank ihrer Stimme kann man einen The Day Song sofort wieder erkennen.
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Titelbild: Sasha Ilushina