Aufgewachsen in der Kleinstadt Ravensburg in der Nähe vom Bodensee, zog der Sänger Myle für sein Studium nach Mannheim. Dort studierte er Musikproduktion an der Deutschen Pop Akademie und schloss es 2023 erfolgreich ab. Im selben Jahr veröffentlichte Myle mit Songs To Scream In The Car sein Debütalbum. Er fokussiert sich auf englischen Indie-Pop und verarbeitet in seinen Songs persönliche Erfahrungen und eigene Emotionen. Im September hat er seine erste Arena-Show als Support Act für Wincent Weiss gespielt und momentan ist er mit seiner Tour „Everyone I love is here“ durch ganz Deutschland unterwegs. Ich persönlich war in Stuttgart live dabei und habe Myle auf der Bühne erlebt. Er überzeugt mit seiner unfassbar positiven Ausstrahlung, weist eine tolle Bühnenpräsenz auf und auch seine Fans (auch bekannt als Smylers) sind voller Elan dabei.
Im Rahmen unseres „5 Fragen an“-Formats verriet uns Myle mehr über seinen kreativen Prozess, seine Motivation und darüber, worauf sich seine Fans in zukünftigen Shows und bei neuer Musik freuen dürfen.
Wie kam es dazu, dass du dich für eine Karriere als Musiker entschieden hast?
Ich habe schon immer Musik gemacht. Das fing damals mit Gesang an, wofür ich zur musikalischen Begleitung in den Klavierunterricht geschickt wurde, bevor ich zur Gitarre wechselte. Da ich aus einem sehr kreativen Haushalt komme – mein Vater ist Schlagzeuger, meine Mutter Goldschmiedin – waren Musik und kreative Künste bei uns immer präsent. Der transatlantische Spagat zwischen meiner aus NYC stammenden Mutter und meinem in einer deutschen Provinz aufgewachsenen Vater gab mir viel kreativen Treibstoff, mit dem ich anfing, meine ersten Songs zu schreiben. Zunächst performte ich diese in kleinen Bands der lokalen Musikschule, sammelte Bühnenerfahrung und schrieb immer mehr Songs. 2016 gewannen wir einen Bandcontest, der uns ermöglichte, auf dem Southside Festival (Imagine Dragons, Linkin Park, James Bay, Dermot Kennedy usw.) zu spielen. Von da an hatte ich Blut geleckt und wollte wie diese großen Artists auf Tour gehen, Festivals spielen und meine Songs mit Tausenden von Menschen teilen. Wenig später, frisch mit der Schule fertig, gründete ich 2020 mein erstes eigenes Künstlerprojekt mit dem Namen MYLE, und es folgten die ersten Veröffentlichungen, die teils von mir selbst, teils mit Freunden produziert wurden.
Wie können sich die Zuhörer*innen deinen Prozess beim Songwriting vorstellen? Hast du da bestimmte Strukturen oder Muster, oder hast du spontane Ideen, die dann in Songs enden?
Ich bin ein sehr strukturierter Mensch. Bei meinen Songs aber lasse ich dem inneren Chaos freien Lauf. Meist beginnt alles mit der Melodie, da mich die Eingängigkeit von Musik am meisten fasziniert. Warum bleiben manche Melodien im Kopf, während andere schnell vergessen werden? Sobald das Gefühl, das ich loswerden will, mit der passenden, eingängigen Melodie verbunden ist, gibt es kein Halten mehr. Unterwegs zücke ich schnell eine Sprachnotiz, und im Studio entsteht aus einer einfachen Gitarren- oder Klavierbegleitung schnell ein vollständiger Song, der die Emotion auf ein ganz neues Niveau hebt.
Ich LIEBE Melodien und bin immer gedanklich auf der Suche nach der nächsten catchy Hook.
Gibt es einen Teil im Prozess von anfänglichem Ausprobieren bis hin zum fertigen Song, der dir am meisten Spaß macht?
Der Moment, wenn man zum ersten Mal merkt: „Oh, das wird live so unglaublich viel Spaß machen!“ Wenn man sich schon vorstellen kann, wie alle mitsingen und bei der Show abgehen werden, ist das ein sehr gutes erstes Zeichen! Während des Lockdowns habe ich teilweise Live-Atmosphäre unter meine eigenen Songs gelegt, einfach um mich noch mehr auf die ersten Shows freuen zu können haha
Du hast bereits vor ganz großem Publikum, als auch in kleineren Clubs spielen dürfen. Was macht dir auf der Bühne am meisten Spaß?
Einfach mal den Kopf ausschalten! Ich bin ein extrem selbstkritischer Mensch, was gerade beim Musikmachen oft sehr hinderlich ist. Der Vergleich mit anderen, sei es auf sozialen Medien, bei Konzerten oder anderswo, ist immer präsent. Aber wenn ich mit meiner Band auf der Bühne stehe, ist alles anders. Ab dem Moment, in dem der erste Ton erklingt, schalte ich den Kopf aus und kann für die nächsten eineinhalb Stunden endlich abschalten.
2020 hast du mit “Late Night High” deine erste Single veröffentlicht. Wie hast du dich seitdem musikalisch weiterentwickelt und was kannst du dir für die Zukunft noch vorstellen?
Seit dem Release von Late Night High im Sommer 2020 ist EINIGES passiert! Damals war ich noch im Popkurs in Hamburg, hatte gerade mein Soloprojekt gestartet und klang noch viel bandlastiger – mit 80er-Einflüssen, einem Hauch jugendlicher, euphorischer Naivität, Leichtigkeit und Jeansstoff.
Durch meine Zeit in Mannheim habe ich gelernt, welche Art von Künstler ich sein will. Nicht der coole Urban-Guy mit verrückten 808s oder der entspannte Indie-Surfer-Boy. Irgendwo zwischen Zukunftsängsten, Kontrollzwang, der absoluten Liebe zu handgemachtem Pop und dem Klang von Gitarren bahne ich mir langsam meinen Weg. Mittlerweile bin ich ehrlicher zu mir selbst: Ich bin Pop. Ich liebe catchy Melodien. In meinen Songs braucht es organische Elemente wie Gitarre oder Klavier, und es muss mir nicht immer gut gehen, um authentische Musik zu machen. Ich weiß besser, was ich will, und kann es in meinen neuen Songs in all ihren Facetten klarer ausdrücken!
In der Zukunft wird genau davon mehr kommen, und ich kann mir sehr gut vorstellen, zum ersten Mal auch mit anderen Künstler*innen zu kollaborieren!
Bonusfrage: Kannst du uns schon einen kleinen Hint für deine nächste Single geben, was den Sound und die Thematik angeht?
In meinem nahen Umfeld ist jemand betrogen worden. Die Situation hat mich überhaupt nicht losgelassen, da die Beziehung zu dem Zeitpunkt, als ich davon erfuhr, noch vor dem großen Gespräch stand, das unausweichlich zu einer Trennung führen würde. Zu wissen, dass der Abschied so nah war und direkt damit konfrontiert zu sein, hat mich sehr mitgenommen. Deshalb wollte ich einen Song darüber schreiben, der „Hello Goodbye“ heißt und genau diesen Abschied sozusagen begrüßt.
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Titelbild: Markus Haner