Review // Maifeld Derby 2025

Review // Maifeld Derby 2025
Maifeld Derby 2025 - Foto: Corinna Dietrich

Ich war Samstag und Sonntag für euch vor Ort beim finalen Maifeld Derby, das vom 30. Mai bis 1. Juni 2025 stattfand. Vorab möchte ich nur vorausnehmen, dass mein letzter Ritt kaum spektakulärer hätte sein können.

Polar Noir

Nach dem obligatorischen Stau auf der Strecke von Würzburg nach Mannheim konnte ich noch kurz in Sandra Gerns Band Polar Noir reinhören. Die Egofm-Moderatorin vom Chelsea Hotel spielte in Trioformation sowohl ruhigeren Dreampop als auch tanzbaren Indiepop von ihrem ersten Album Coming Up For Breath. Die Single If Everybody Listened ist mir im Ohr geblieben. Laut Künstlerin ist der Song eine Entschuldigung an einen Wal für all das, was die Menschheit in den Weltmeeren anrichtet.

Theodor

Da die deutsche Psychedelic-Band Okta Logue Corona zum Opfer gefallen ist, habe ich mich umso mehr gefreut, dass zwei der Bandmitglieder nun bei Theodor wieder zusammen Musik machen. Die Darmstädter Band vereint groovigen Soul mit psychedelischen Klängen und brachte so manches Tanzbein zum Schwingen.

strongboi

Das 2019 gegründete Lo-Fi-Pop-Projekt strongboi von Alice Phoebe Lou und Ziv Yamin hat dem Publikum nach der unwetterbedingten Pause auf den Außenbühnen in sechsköpfiger Formation so richtig eingeheizt. Hört unbedingt mal in die verträumte aktuelle Single Special rein, denn Alice Phoebe Lous Stimme berührt.

King Hannah

Das britische Duo King Hannah macht atmosphärisch-nachdenklichen Indie-Noir, der unter die Haut geht. Meine Favoriten waren die auf Sprechgesang basierten und mit Postpunk-Riffs unterlegten Songs New YorkLet’s Do Nothing und Leftovers. Die Livequalitäten der Band, die auf der Bühne am Schlagzeug und Bass beziehungsweise an den Keys unterstützt wurde, sind nicht von schlechten Eltern, wobei der direkte Kontakt zur Menge eher ausblieb.

Franz Ferdinand

Franz Ferdinand machten ihrer Rolle als Festival-Headliner alle Ehre. Die Schotten spielten eine stimmungsgeladene Mischung aus Songs vom neuen Album The Human Fear und älteren Hits. Titel wie MichaelNo You Girls und Take Me Out durften nicht fehlen. Frontmann Alexander Kapranos feuerte die Zuschauer fortwährend an und stieß auf große Resonanz in der wild tanzenden Masse. Meine Highlights der publikumsnahen, dynamischen Show von Franz Ferdinand waren zu einem der Song Black Eyelashes, bei dem Kapranos auf einer griechischen Bouzouki spielte und zum anderen die Mitsingparts, zu denen der Sänger das Publikum beispielsweise bei der Debütsingle Darts of Pleasure und der letzten Zugabe This Fire einlud. Die Liveversionen des elektronischen Songs Hooked und jene der ersten Zugabe Ulysses haben mich ebenfalls völlig unter Strom gesetzt.

mary in the junkyard

Meine Entdeckung des Festivalsonntags war mary in the junkyard aus London. Das junge Indie-Rock-Trio, das kürzlich noch Wet Legs als Support-Act durch England begleitete, überzeugte mit prägnanten Gitarrenriffs. Clari Freeman-Taylors Stimme ist facettenreich und erinnert phasenweise an jene der Sängerin Rakel Mjöll von Dream Wife. Ich empfehle euch die aktuelle Single Drains mit tollem Video.

Efterklang

Die Show von Efterklang war wie gewohnt mehr als berauschend. Von Gänsehaut über Tränen bis hin zu ausgelassener Tanzlaune hat mich bei diesem Konzert alles überkommen. Die Band hat das Maifeld bereits zum vierten Mal beehrt, dreimal als Efterklang und einmal mit ihrem Nebenprojekt Lima. Das Trio wurde am Schlagzeug von Tatu Rönkkö ergänzt. Sänger Casper Clausen hat die Herzen des Publikums nicht nur mit seinem Gesang erobert. Auch sein Spiel mit dem Stimmverzehrgerät, seine Totenstarre am Bühnenboden bei Black Summer sowie sein ekstatisches Trommeln gegen die Bühnenabsperrung, über die er sich währenddessen gegen Ende von The Ghost in die erste Reihe lehnte, zogen die Aufmerksamkeit auf ihn.

Als Abschluss des Konzerts begaben sich die vier Künstler in die Mitte der Zuhörerschaft und baten sie, sich zu setzen. Efterklang boten eine bezaubernde Akustikversion von Getting Reminders, eine Singleauskopplung vom letztjährigen Album Things We Have in Common, dar. Casper spielte Gitarre, Mads Blockflöte und Tatu trommelte auf einer Metallflasche. Bassist Rasmus schwenkte begleitend eine Flagge mit dem erwähnten Albumtitel, welcher das aufkommende Gemeinschaftsgefühl dieses Moments perfekt unterstrich.

Olli Schulz

Auch Olli Schulz hat es, wie schon letztes Jahr beim Obstwiesenfest geschafft, mich zu verzücken. Seine Lyrics und die lustigen Anekdoten zwischen den Songs sind immer wieder erfrischend. Da bekomme ich gleich Lust, seinen Podcast Fest & Flauschig mit Jan Böhmermann wieder einmal zu hören. Man lernte beispielsweise, dass das Spaghettieis in Mannheim erfunden wurde. Beim Song Stadtfest in Bonn suchte Olli vergeblich nach einer Duettpartnerin, die Ina Müllers Part übernimmt, und so musste Lampe eines seiner vier Bandmitglieder einspringen. Höhepunkte der Show, die mit einem Luftschlangenregen endete, waren für mich die Mitsingsongs PhaseAls Musik noch richtig groß war und Einfach so.

Bilderbuch

Die Wiener Indiepop-Band Bilderbuch hatte die ehrenvolle Aufgabe, das finale Tschau des Maifeld Derbys zu besiegeln. Dies taten sie mit einer fulminanten Liveshow, bei der kein Hit fehlen durfte. Auch wenn ich nicht unbedingt Fan von zu vielen langen Instrumentaloutros bin, hat mich die dargebotene Gitarrenkunst beeindruckt, welche sich im Vergleich zu meinem letzten Konzertbesuch weiter steigerte.

Fat Dog

Zwischendurch habe ich es mir nicht nehmen lassen, gut kalkuliert, dass jetzt keiner meiner Lieblingshits wie Bungalow, Checkpoint und Spliff läuft, zu Fat Dog rüber zueilen. Die Engländer haben sich solch einen energischen Abriss geliefert, dass ich es bereue, nicht länger als zwei Songs bei diesem exzessiven Rave abgefeiert zu haben.

Die 14. Auflage des Festivals hatte es definitiv in sich. Ich werde die familiäre Atmosphäre des Maifeld Derbys, wo man schon mal Gringo Mayer als Zuschauer im Publikum entdeckt, Olli Schulz locker übers Festivalgelände laufen sieht, CDs und Platten von Alice Phoebe Lou signiert bekommt oder auf Augenhöhe mit Casper von Efterklang plaudert, vermissen. Ganz aufgeben sollten wir die Hoffnung auf ein Comeback nicht, denn es gibt Gerüchte, dass die Stadt Mannheim das Independent-Festival langfristig retten möchte.

Alle Künstler:innen und Bands vom Maifeld Derby 2025 in einer Playlist auf Spotify:

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Titelfoto mit King Hannah: Corinna Dietrich

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