Interview // Amilli- Hazy Days

Amili Hazy Days - Foto: Massimiliano Corteselli
Amili - Foto: Massimiliano Corteselli

Wer in diesem Jahr sehnsüchtig auf neue Musik der Bochumer Künstlerin Amilli gewartet hat, der wurde Anfang August umso mehr belohnt. Denn dort hat Amilli gleich drei neue Songs in Form eines Minitapes namens Hazy Days rausgebracht. In ihren Songs lässt sie tief in ihr Innenleben blicken und spricht mehr denn je über ihre Gefühle und Gedanken. Gepaart mit dem typischen und unverkennbaren Amilli Soul und R’n’B Sound passt Hazy Days perfekt in die anstehende Herbstzeit und lädt dazu ein, es sich mit einer Decke und einer Tasse Tee auf der Couch gemütlich zu machen. Wir haben mit der jungen Künstlerin über die Entstehung von Hazy Days gesprochen, darüber wie man es schafft im Moment zu bleiben und über ihre Pläne für die Zukunft.

First things first: Glückwunsch zu deinem, erst kürzlich erschienenem, Projekt Hazy Days. Und genau dazu hätte ich auch schon direkt eine erste Frage an dich. Auf den neuen Songs wirkst du sehr selbst reflektiert und lässt tief in dein Innenleben blicken. Wie fühlt es sich an, ein so intimes Werk zu veröffentlichen, da man sich dadurch ja auch sehr verletzlich und angreifbar macht. War es also eher eine Art Befreiung für dich oder sogar etwas Angsteinflößendes?

Ich habe diese Songs während des Corona-Lockdowns geschrieben und da war es dann irgendwie klar, dass das einzige ist, worüber ich schreiben kann: Das was in mir so vorgeht. Weil auch sonst nicht so viel passiert ist. Deswegen war das so voll natürlich, dass ich diese Songs geschrieben habe. Es ist natürlich bei solchen Songs immer besonders gruselig diese zu veröffentlichen, aber ich finde es hauptsächlich irgendwie schön, weil wenn ich selber Musik höre, ich am liebsten Musik höre, die mit einem irgendwas macht oder einen berührt oder so. Finde ich immer gut.

Das ist sehr schön zu hören, dass es also eher eine positive Erfahrung für dich war. Auf Hazy Days thematisierst du auch das Thema, dass du dich häufig in deinen Gedanken verlierst und über vieles nachdenkst. Wie schaffst du es trotzdem im Moment zu bleiben und deine Gedanken für einen kurzen Moment auszuschalten?

Es war besonders während des Lockdowns ziemlich schwierig, weil man sich nicht so mega viel ablenken konnte, aber ich habe häufig meine Freunde angerufen. Das hat mir so krass geholfen, mit anderen zu reden. Ich stricke und male und so und das habe ich auch viel gemacht und das ist voll meditativ für mich und ich tauche da ein bisschen in eine Art Trance ein. Oder ich gehe draußen spazieren. Ich finde draußen sein ist auch immer gut.

Auf Hazy Days singst du über selflove und auch über selfcare. Du erwähnst zum Beispiel, dass dir Meditation hilft. Gibt es noch andere Dinge oder Rituale, die dir dabei helfen, dich gut und wohlzufühlen und abzuschalten?

Ich mache viel Yoga und jeden Morgen räuchere ich schön rum und solche Sachen (lacht). Solche Sachen mache ich halt zwischendurch.

Musstest du dieses Bedürfnis und auch Bewusstsein für „Me-time“, wie viele erst durch Corona, „lernen“ oder war das schon immer etwas ganz Natürliches für dich?

Ich kann eigentlich sehr sehr gut alleine sein. Also das konnte ich auch schon immer. Ich kann mich ganz gut einfach selber beschäftigen. Ich brauche das auch voll. Wenn ich irgendwie lange auf Tour bin oder, da ist man ja die ganze Zeit mit Menschen unterwegs, das ist für mich das geilste abends im Hotel zu sein und alleine zu sein und kurz aufzutanken. Deswegen brauche ich das voll. Ich brauchte das auch schon vor Corona, alleine zu sein.

Ich finde das auch voll wichtig, dass man gut allein sein kann. Es gibt ja Leute, die immer das Bedürfnis haben etwas machen zu müssen und sich mit jemandem zu treffen und nicht so richtig ruhen zu können und deswegen glaube ich, dass das wichtig ist. Es war jetzt ein bisschen zu viel durch Corona, aber an sich musste ich das jetzt nicht erst lernen.

Absolute Klassikerfrage: Wie hast du Corona als Künstlerin aber auch einfach als junger Mensch erlebt?

Vorher die Zeit war so intensiv, weil als alles so losging bei mir und alles so schnell passiert ist. Ich finde es jetzt etwas schwierig zu sagen, aber es hatte auch viele gute Dinge für mich am Anfang, weil ich das erstmal kurz alles reflektieren konnte zum ersten Mal so richtig, was auch ganz schön doll war, aber es war gut und nötig. Und ich hatte vor allem auch wieder so richtig Zeit Musik zu machen und habe mir ein bisschen produzieren selber beigebracht.

Vorher ist Musikmachen ein bisschen unter Druck passiert und wir mussten irgendwie einen Termin oder eine Woche finden, wo wir Musik machen konnten und das war eine der Sachen, die ganz positiv war. Aber wenn man nichts erlebt, ist man auch nicht so richtig inspiriert und ich fand es auch schwierig mega viel Musik zu machen. Ich fand es zwischenzeitlich ein bisschen schwierig sich zu inspirieren. Ansonsten habe ich vergleichbar viel Glück gehabt im Vergleich zu anderen Leuten. Ich will mich da gar nicht beschweren.

Springen wir nochmal zurück zu Hazy Days. Ich finde, dass dort alles perfekt zusammenpasst und sehr schlüssig wirkt. Von den Lyrics, zu den Videos bis zur Produktion. Hattest du von Anfang an eine Vision vor Augen, wie die Songs klingen sollen oder hattest du vielleicht sogar zuerst den Titel und hast deine Songs dann dementsprechend geschrieben? Wie ist also das Konzept Hazy Days entstanden?

Zuerst ist der Songs Hazy Days entstanden. Und es war in dieser ganzen Zeit, wo alles so ein bisschen bedrückt war und wir haben diesen Song angefangen und haben da auch sehr lange dran gearbeitet und immer wieder Sachen geändert und so. Manchmal haben wir bei Songs komische Arbeitstitel. Dann haben wir uns gefragt „wie nennen wir das jetzt“ und haben gesagt „keine Ahnung, Hazy Days“. Es kam einfach irgendwie so. Wir haben es random so genannt. Dann ist es einfach so geblieben und es hat bis zum Ende so gut gepasst irgendwie.

Bei mir ist das eh so wenn ich einen Song schreibe und vor allem bei dem jetzt, den ich voll krass gefühlt habe, manchmal gibt es Songs die mag ich besonders gerne und so war es bei dem und dann ist es meistens so, dass ich dann schon ein Bild vor Augen habe, dazu. Dann hat sich alles so ergeben. Wir haben uns zusammengesetzt für das Video und dann war auch relativ klar, was das für einen Look es haben soll und so. Das war schon alles sehr schlüssig als man den Song geschrieben hat.

Die Videos zu Hazy Days und What If sind ebenfalls wunderschön geworden und passen perfekt zu den Songs. Wie genau sind die Ideen dazu entstanden?

Bei Hazy Days war es so, dass man so ein bisschen ein Gefühl hatte von einem Vibe und so, dass das alles so verwunschen sein soll und glowy und ein bisschen verzaubert. Dann habe ich irgendwann so random auf Pinterest ein Bild gesehen von einem Himmelbett, das auf einem See schwimmt. Das habe ich dann meinem Team vorgeschlagen und alle wollten das machen. Das war die erste Idee dazu. Wir haben das Bett selbst aufgebaut und ich habe auch mein Kleid selber gemacht. Die eine Ebene, wo ich auf dem Stuhl sitze mit dem ganz langen geflochtenen Zopf, das ist alles einfach so dazu gekommen.

Bei What If mit dem Quad, war das so, dass wir ein bisschen Stress hatten, was das Musik Video angeht. Wir brauchten schnell eine Idee, die geil ist und die sich schnell umsetzen lässt. Bei dem Song hat es relativ lange gedauert, weil dieser Song relativ schwer ist und ein bisschen dramatisch. Wir wollten aber auch nicht ein dramatisches Video drehen, wo ich mit wehenden Haaren auf einem Felsen stehe oder so, sondern wir wollten etwas, was dem so ein bisschen entgegengesetzt ist. Dann sind wir irgendwann auf diese Quad-Idee gekommen, also dass ich mega aufgestylt mit einem Pelzmantel auf einem Quad sitze, was ein etwas absurdes Bild ist aber auch sehr bossy und selbstbewusst. Also das Gegenteil von diesem Song. Dann hat es einfach mega gut geklappt irgendwie. Wir haben das auch alles an einem Tag komplett durchgedreht und hatten Glück. Wir haben das auf einem Flugplatz gedreht, der auch richtig geil aussah. Vieles passiert einfach zufällig und dann klappt es irgendwie.

Wie war für dich der Songwritingprozess von What If? Ich kann mir vorstellen, dass es nicht leicht war, den Song zu schreiben und ihn dann auch später rauszubringen.

Ja voll. Den Song habe ich allein am Klavier geschrieben, was auch nicht so mega oft passiert. In den meisten Fällen fange ich Songs mit Leo zusammen an. Der Song behandelt die Angst sich zu öffnen und ob man sagen soll, was los ist oder ob man dann falsch verstanden wird und man es einfach besser mit sich selbst ausmachen soll. Ich bin auch eher ein Mensch, der Sachen in sich reinfrisst und dieser Song ist darüber. Man macht sich mit solchen Songs ein bisschen verletzlicher. Ich finde es immer ein bisschen scary sowas zu veröffentlichen, aber ich find’s hauptsächlich einfach gut und schön.

Würdest du sagen, dass sich der Songwritingprozess aber auch deine Sicht auf die Dinge im Vergleich zu deinen vorherigen EPs stark verändert hat?

Es tut sich immer bei mir was. Von Song zu Song entwickelt man sich so krass weiter. In seinem musikalischen Verständnis, man lernt immer mehr dazu, was Produktion angeht oder so.

Ich bin die ganze Zeit dabei, meine eigene Vision so ein bisschen in meinem Kopf zu gestalten und immer mehr herauszufinden, wie das klingen soll. Da komme ich immer ein bisschen weiter und das merkt man glaube ich auch an den Songs.

Ich habe immer mehr eine eigene Vorstellung, wie die Sachen klingen sollen und das war am Anfang noch nicht so. Und textlich habe ich am Anfang viel von anderen geschrieben und jetzt schreibe ich immer mehr über persönliche Dinge und Dinge, die mich wirklich beschäftigen. Am Anfang war es immer so ein bisschen wir Storytelling und jetzt sind es immer mehr meine eigenen Sachen auch.

Springen wir mal kurz zu einem etwas „älteren“ Song von dir. I´m not tryna be your girl. Der Song hat einen sehr feministischen und selbstbewussten Vibe. Wie wichtig ist es dir auch diese Seite von dir zu zeigen, aber auch generell gesellschaftliche und politische Themen in deinen Songs mit einzubinden?

Ich habe da gar nicht so einen richtigen Plan. Ich habe mir einfach überlegt, worüber ich einen Song schreiben will, und ich habe mich in dieser Zeit viel mit diesen Themen beschäftigt und dann war es irgendwie natural, dass ich in der mood war und Bock hatte, diesen Song zu schreiben. Es ist nicht so, dass ich denke ich muss jetzt was Politisches oder Fröhliches schreiben, sondern einfach wie es gerade so passt.

Hast du einen Ort oder vielleicht auch einen Song oder Film, wo du immer wieder Inspiration finden kannst?

Einen speziellen Ort oder Sache habe ich nicht. Was mich viel inspiriert, sind einfach Gespräche mit anderen oder meinen Freunden. Und so banal es klingt, einfach andere Musik. Das ist auf jeden Fall eine der Top-Sachen, die mich am meisten inspiriert. Vor allem wenn ich eine neue Künstlerin oder einen neuen Künstler entdecke, dann inspiriert mich das einfach voll. Manchmal sind es aber random Sachen, wenn ich an einem Ort bin oder so.

Wie schon ganz am Anfang erwähnt, wirkst du auf Hazy Days sehr selbstreflektiert. Würdest du sagen, dass die sozialen Netzwerke deinen Selbstfindungsprozess erschweren?

Ich merke es mega krass, dass wenn ich zu viel Zeit auf diesen Plattformen verbringe, dass es mir dann nicht gut geht. Ich denke, dass sich keiner davon freisprechen kann, dass man sich einfach die ganze Zeit vergleicht. Die ganze Zeit vergleichst du dich mit anderen Leuten und mit anderen Lebensstilen. Ich glaube, da muss man einfach voll aufpassen.

So viel ich auch schon gelernt habe von social media, genauso viel tut es einem auch einfach nicht gut. Das führt dann natürlich auch einfach dazu, dass ich ein bisschen weniger aktiv bin auf diesen Plattformen, aber es ist wichtiger, dass ich auf mich aufpasse als mein social media game an den Start zu bringen. Es wäre wahrscheinlich gut, wenn ich mehr posten würde, aber es kommt bei mir nicht so krass natürlich.

Letzte Frage zum Schluss: Kannst du uns etwas über deine Pläne verraten? Stehen neue Releases oder Konzerte an?

Es wird jetzt komplett die Musik-und Produktionsphase eingestellt. Ich mache gerade richtig viel Musik und versuche mich da einfach drauf zu konzentrieren. Höchst wahrscheinlich wird es dann auch zu einem Album kommen. Das kommt jetzt alles gerade so ein bisschen, was voll schön ist, weil das die schönste Phase ist, wo man einfach nur Musik machen kann. Ich werde auf jeden Fall, sobald es wieder geht, nächstes Jahr wieder eine Tour spielen, da habe ich mega Bock drauf. Auf jeden Fall werden auch zwischendurch noch Songs kommen. Aber jetzt konzentriere ich mich erstmal auf viel machen und dann-Album!

Dann haben wir ja sehr viel, worauf wir uns freuen können! Danke dir, für das schöne Interview!

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Titelbild: Massimiliano Corteselli

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